Blog: ‘Wolfskind’ concept

Artwork by Kate MacDowell

I will post here about the creative process of my research project ‘Wolfskind’

Humans are not wolfs to one another! On the basis of this conviction I’m searching for new, more sustainable ways of self-perception.
And how to implement them – the sooner the better.
Strategies of Solidarity on stage in the audience and beyond are to be found (back). This research is about overcoming isolation.


Please read on for the full concept in german.


Der Wolf, spätestens seit Rotkäppchen steht er für das Böse. In der griechischen Mythologie gilt er als Vorbote der Apokalypse.
Mein Vorhaben ist eine Feldforschung zur Vorbereitung eines Bewegungstheater-Stückes mit zeitgenössischem Zirkus.
Es geht um den Wolf, allerdings nicht als Schreckensbild. Sondern als Bild für uns selbst- den Menschen.

Mit dem Titel “Wolfskind” möchte ich zwei Bedeutungsebenen öffnen. Zum einen spiele ich an auf den Satz, der vielleicht das wichtigste Credo des Neoliberalismus ist: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Hobbs etablierte damit nicht nur eine Wirtschaftsordnung, in der jeder sich selbst der Nächste ist, sondern auch ein Menschenbild, das auf Egoismus basiert. Insofern sind wir alle Wolfskinder, geboren in einer Gesellschaft, die auf diesem negativen Selbstverständnis beruht. An dieser selbsterfüllenden Prophezeiung gilt es dringend zu rütteln, wenn wir der Pandemie und der Klimakatastrophe etwas entgegen setzen wollen. Wir sind nicht nur egoistisch, sondern ebenso solidarisch, altruistisch und loyal – ganz ähnlich übrigens,
wie der Wolf.
Um diesen Zusammenhang differenzierter zu verstehen, will ich z.B. Pablo Servigne: “L’entreaide, l’autre loi de la jungle” lesen, Matthieu Ricard : “Allumfassende Nächstenliebe. Altruismus – die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit” oder Donna Haraway’s Film “Storytelling for earthly survival” sehen. Und darauf basierend Texte verfassen, die in Ausschnitten als gesprochenes oder vertontes Wort im späteren Stück verwendet werden können.

Ich will auch untersuchen, wie ich mit meinem Zirkusapparat -dem Vertikalseil- physische Distanz, Beschränkung, aber auch in die Tat umgesetzte Solidarität darstellen kann. Wenn ich mich etwa in eine Situation bringe, in der ich die Hilfe des Publikums benötige. So wird das Stück zu etwas gemeinsam Erlebtem. Mich interessiert dazu z.B. Augusto Boal’s Forumtheater.

Die zweite Bedeutungsebene folgt der direkten Bedeutung des Wortes Wolfskind. Wolfskinder werden Menschen genannt, die während ihrer frühkindlichen Entwicklungsphase von anderen Menschen isoliert wurden. Die Isolation wie wir sie grade erfahren zu thematisieren und bildhaft umzusetzen, ist mein zweiter Schwerpunkt im Rechercheprozess.
Wie wird Isolation erfahren und wie kann sie im Theater als geteilte Erfahrung überwunden werden? Darüber will ich mit Menschen aus meinem Umfeld sprechen und ihre Geschichten als Grundlage für meine Recherche nehmen.

Darüber hinaus möchte ich die Figur des Wolfes in der nordischen /griechischen Mythologie und im Märchen vergleichen und mich von ihrer Bildsprache inspirieren lassen.
Es wird wohl keinen Wolf auf der Bühne geben, aber vielleicht etwas Fell oder Wackersteine, wie die, die dem Wolf in den Bauch gelegt werden, oder eine mit Kreide bemalte Hand.

Ich habe große Lust, zu diesem Thema zu recherchieren und an einem Stück zu arbeiten, das uns wieder zusammen bringt, wenn wir uns endlich wieder begegnen dürfen.

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